Zum Inhalt

Diskriminierung von transgender und intersexuellen Personen
Bild: Pixel-Shot

Geschlechtsumwandlung - OGH untersagt diskriminierende Versicherungsklausel

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) klagte im Auftrag des Sozialministeriums den "muki Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit" (muki) aufgrund eines Risikoausschlusses, der transgender und intersexuellen Personen die Möglichkeit nimmt, eine medizinisch notwendige Geschlechtsumwandlung mit Kostendeckung des Versicherers durchzuführen, wodurch diese Personengruppe diskriminiert wird. Der Oberste Gerichtshof (OGH) bestätigte die Rechtsansicht des VKI und erklärte die Klausel wegen des Verstoßes gegen das Diskriminierungsverbot für unzulässig.

Der VKI beanstandete eine Klausel in den Allgemeinen Bedingungen für die Krankenkosten- und Krankenhaustagegeldversicherung von muki, die Geschlechtsumwandlungen vom Versicherungsschutz ausschließt aufgrund der damit verbundenen Diskriminierung von transgender und intersexuellen Personen.

Der OGH gab dem VKI Recht und untersagte die diskriminierende Klausel „Als Versicherungsfall gelten nicht: […] Geschlechtsumwandlungen“, die an versicherten Personen vorgenommene Geschlechtsumwandlungen generell, also auch bei Vorliegen von Krankheitswert und medizinischer Behandlungsnotwendigkeit, vom Versicherungsschutz ausnimmt

Nach § 1c VersVG darf der Faktor Geschlecht – vorbehaltlich des § 93 Abs 7 VAG – nicht zu unterschiedlichen Prämien oder Leistungen für Frauen und Männer führen. Die Bestimmung sei – wie der OGH ausführt - unter Beachtung unionsrechtlicher und grundrechtlicher Vorgaben (analog) auf transgender und intersexuelle Personen anzuwenden und schütze diese vor Diskriminierungen wegen ihres weder allein männlichen noch allein weiblichen Geschlechts.

Eine mittelbare Diskriminierung nach § 32 Abs 2 GlBG liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen, die einem Geschlecht angehören, in besonderer Weise gegenüber Personen des anderen Geschlechts benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen oder erforderlich. Die neutral formulierte Regelung stellt laut OGH eine mittelbare Diskriminierung dar.

Der OGH führt weiter aus, dass die Klausel zwar vordergründig jeden Versicherten von der Versicherungsleistung ausschließe, aber in Wahrheit intersexuelle und transgender Personen diskriminiere, weil eine Geschlechtsumwandlung nur bei dieser Personengruppe infrage komme. Die inkriminierte Klausel diskriminiere laut OGH transgender und intersexuelle Personen wegen ihres weder allein männlichen noch allein weiblichen Geschlechts, weil sie dieser Personengruppe die Möglichkeit nimmt, eine medizinisch notwendige Geschlechtsumwandlung mit Kostendeckung des Versicherers durchzuführen. Die Klausel verstößt daher gegen § 1c VersVG in Verbindung mit § 32 Abs 2 GlBG.

Der OGH stellt zudem klar, dass ein Beharren des Versicherers auf der inkriminierten Klausel in vor dem 21. Dezember 2012 (Inkrafttreten von § 1c VersVG) geschlossenen Verträgen sittenwidrig wäre.

OGH 07.08.2025, 7 Ob 58/25t 

Klagsvertreter: Dr. Stefan Langer, Rechtsanwalt in Wien

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

Das könnte auch interessant sein:

„Versicherungsmathematische Grundsätze“ müssen laut OGH nicht erklärt werden

Der VKI klagte im Auftrag des Sozialministeriums die Wiener Städtische wegen einer Klausel in der Polizze für eine Rentenversicherung sowie einer Klausel aus den Allgemeinen Versicherungsbedingungen. Beide Klauseln wurden von den Vorinstanzen für unzulässig erklärt. Die Wiener Städtische legte nur zur zweiten Klausel Revision gegen das Urteil des Berufungsgerichts beim OGH ein, die der OGH für berechtigt erachtete.

Unzulässige Ausschlussklausel der Generali Versicherung AG

Unzulässige Ausschlussklausel der Generali Versicherung AG

Der VKI hatte im Auftrag des Sozialministeriums die Generali Versicherung AG wegen einer Klausel geklagt, die den Versicherungsschutz für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen im Zusammenhang mit Akten der Hoheitsverwaltung ausschließt. Das Handelsgericht Wien gab dem VKI recht und erklärte die eingeklagte Klausel für unzulässig. Das Urteil ist rechtskräftig.

OLG Wien: 48 unzulässige Timesharing-Klauseln

OLG Wien: 48 unzulässige Timesharing-Klauseln

Der VKI hatte die Hapimag AG wegen unzulässiger Klauseln in den AGB ihrer Timesharing-Verträge geklagt. Das OLG Wien erklärte nun alle 48 angefochtenen Klauseln für unzulässig. Wichtigster Aspekt des Urteils: Verbraucherrechtliche Bestimmungen kommen trotz „Aktionärsstatus“ der Kund:innen zur Anwendung.

OLG Wien: 48 unzulässige Timesharing-Klauseln bei Hapimag

OLG Wien: 48 unzulässige Timesharing-Klauseln bei Hapimag

Der VKI hatte die Hapimag AG wegen unzulässiger Klauseln in den AGB ihrer Timesharing-Verträge geklagt. Das OLG Wien erklärte nun alle 48 angefochtenen Klauseln für unzulässig. Wichtigster Aspekt des Urteils: Verbraucherrechtliche Bestimmungen kommen trotz „Aktionärsstatus“ der Kund:innen zur Anwendung.

unterstützt durch das 

Sozialministerium

Zum Seitenanfang